Seminarbericht zum Thema "CMV-Infektion: Ansteckung – Merkmale – Diagnose – Therapie"
Referentin: OÄ Dr. med. C. Palm, Transplantationszentrum am Universitätsklinikum Carl-Gustav Carus, Dresden
Im Rahmen unseres Seminars zum Thema "Infektionen und Impfungen" in Dresden hörten wir von Fr. Dr. Palm einen interessanten Vortrag zum Thema "CMV-Infektion" nach Transplantation. Fr. Dr. Palm betreut auf der nephrologischen Station am Universitätsklinikum Dresden unter anderem Patienten nach Nierentransplantation und ist deshalb praxisbezogen mit dieser vor allem nach Transplantation vorkommenden Komplikation vertraut.
CMV ist die Abkürzung für Cytomegalievirus und die häufigste vorkommende Infektionskrankheit nach Nierentransplantation. Ca. 2/3 der Bevölkerung trägt das Virus in sich und hat diese Infektion bereits durchgemacht, meist jedoch unerkannt mit allgemeinen Symptomen einer Erkältungskrankheit wie leichtes Fieber, Schwäche oder Kopfschmerzen. Ein gesundes Immunsystem entwickelt Antikörper dagegen und verhindert so eine erneute Erkrankung.
Das Virus ruht fortan in verschiedenen Körperzellen, eine Reaktivierung kann hauptsächlich erfolgen, wenn unser Immunsystem unterdrückt wird (wie z.B. durch hohe Immunsuppression nach Transplantation).
Eine abgelaufene Infektion ist durch eine Blutuntersuchung mit dem Ergebnis "positiv"(ab 14 Tage nach der Infektion) nachweisbar: Serologie: CMV-IgG = CMV-Immunglobulin G = positiv!).
Man unterscheidet zwischen den Begriffen einer "CMV-Infektion" und "CMV-Erkrankung". Der Unterschied besteht darin, dass eine Infektion meist nur durch Laborbefunde nachweisbar ist, wird die Virenlast jedoch höher, spricht man von einer Viruserkrankung, dessen Symptome insbesondere unter hoher Immunsuppression nach Transplantation schwerwiegend sein können.
Bei einer Transplantation kann eine Infektion je nach Risikokonstellation von Spender (med. = donor) und Empfänger (med. = recipient) erfolgen:
CMV - Status | Risiko einer Infektion | Risiko einer Erkrankung | ||
Spender | Empfänger | mit Propylaxe | ohne Propylaxe | |
positiv | negativ | 56 –80 % | 8 % | 25,2 % |
positiv | positiv | 27 –39 % | ||
negativ | positiv | 0 –27 % | ||
negativ | negativ | < 5 % |
Eine Hochrisikokonstellation für eine Infektion stellt somit mit 56 – 80 % eine Transplantation von positivem Spender auf negativen Empfänger dar, aber auch bei einer Transplantation von positivem Spender zu positivem Empfänger kann durch unterschiedliche Virusstämme eine Reaktivierung und damit eine Neuinfektion erfolgen.
Weitere Faktoren für eine CMV-Erkrankung nach Transplantation ist das Ausmaß der Immunsuppression (Double / Triple Immunsuppression, d.h. Therapie mit zwei oder drei verschiedenen Immunsuppressiva; OKT3 / ATG-Gabe bei sehr hohem Abstoßungsrisiko).
Die Symptome einer CMV-Erkrankung können mehr oder weniger schwerwiegend und sehr unterschiedlich sein: Manchmal ist eine Infektion bzw. Erkrankung nur durch Laborbefunde nachweisbar, oft beobachtet man jedoch Symptome wie Fieber, Schwäche, Husten, Kopfschmerzen oder Blutbildveränderungen. Aber auch ernstere Symptome wie gastro-intestinale Beschwerden, Lungen- und Darmentzündungen bis hin zur Transplantatabstoßung sind möglich.
Die Diagnose einer CMV-Infektion bzw. –erkrankung ist nur durch eine Blutuntersuchung sicher nachweisbar. Folgende Laborwerte sind bestimmbar:
- Vor Transplantation zur Ermittlung des CMV-Status (bereits abgelaufene Infektion in der Vergangenheit?): CMV-IgG (Ergebnis: negativ / positiv; ab 14. Tag nach Infektion positiv)
- Nach Transplantation: CMV-DNA (Erbmaterial, 3 –7 Tage vor einer CMV-Erkrankung positiv) pp65-Antigen (=Eiweissbaustein d. Virus, mit Beginn d. Erkrankung positiv, Ergebnis: gezählte Kerne, z.B. 200).
Des Weiteren lässt sich das Cytomegalievirus bei einer Gewebebiopsie (z.B. TPL-Niere) nachweisen.
Durch Fortschritte in der Diagnostik (adäquate und rechtzeitige Bestimmung vom CMV-PCR und pp65- Antigen) ist eine CMV-Erkrankung oft zu verhindern bzw. gut therapierbar.
Bei einer Hochrisikokonstellation (pos. Spender à neg. Empfänger) erhält der Transplantierte auf jeden Fall eine 3-monatige Prophylaxe in Form des Medikaments Cymeven (Wirkstoff Ganciclovir) bzw. des moderneren Medikaments Valcyte (Wirkstoff: Valganciclovir). Bei anderen Konstellationen wird über eine vorsorgliche Prophylaxe fallbezogen je nach weiteren Risikofaktoren (z.B. sehr hohe Immunsuppression) entschieden. Dagegen muss sowohl eine CMV-Infektion als auch –erkrankung auf jeden Fall behandelt werden.
Bei einer schweren manifesten (erkennbaren) Erkrankung ist eine 14-tägige antivirale Infusionstherapie mit Ganciclovir (meist stationär) oder durch orale Einnahme von Valcyte unabdingbar. Valcyte hat gegenüber dem herkömmlichen Medikament Cymeven den Vorteil, dass eine geringere Dosis eingenommen werden muss. Die Dosis richtet sich unter anderem auch nach der Transplantatfunktion. Beide Medikamente sind lt. Fr. Dr. Palm im allgemeinen gut verträglich.
Des Weiteren muss bei einer CMV-Erkrankung die Immunsuppression reduziert werden. Insbesondere CellCept begünstigt den Ausbruch einer CMV-Erkrankung, deshalb sollte dieses Medikament dann nach Möglichkeit (zumindest vorübergehend) abgesetzt werden.
Sollte sich in einigen seltenen Fällen die Viruslast des Patienten auf die obengenannte Therapie nicht reduzieren (=CMV-Pneumonie), stehen als letzte Möglichkeit noch CMV- Hyper-Immunglobuline als Infusionstherapie zur Verfügung.
Eine abgelaufene CMV-Erkrankung hat auf das 5-Jahrestransplantatüberleben nur geringe Auswirkungen: Die 5-Jahrestransplantatüberlebensrate bei Patienten mit einer abgelaufenen CMVErkrankung beträgt ca. 82 %, Patienten ohne CMV-Erkrankung nach TPL weisen eine Rate von ca. 90 % auf.
Ein Diskussionspunkt entstand am Ende des Vortrags bei der Frage eines Seminarteil- nehmers, ob der Patient auf Nachfrage vor der Transplantation Auskunft über den CMV-Status des Spenders erhält bzw. im Vorfeld auf der Warteliste vermerken lassen kann, dass er eine solche Niere nicht transplantiert bekommen möchte. Fr. Dr. Palm verneinte dies mit der Begründung, dass erstens der „Durchseuchungsgrad“in der Bevölkerung sehr hoch ist und sich dadurch die Chance insbesondere negativer Empfänger deutlich verschlechtert, und zweitens eine CMV-Infektion gut behandelbar ist.
Christine Wörner