Patienten - Pflege – Verhältnis
Vortrag von Frau Helga Niegemann
Frau Niegemann stellte sich zu Beginn kurz vor und erzählte uns, dass Sie Dialyseschwester am Dialysezentrum in Püttlingen Saar bei Dr. Fugger, Schilz und Lenhard ist. Nach ihrer Ausbildung als Krankenschwester begann sie 1985 direkt mit der Tätigkeit als Dialyseschwester.
Nach der kurzen Vorstellung begann Sie mit Ihrem Vortrag. Dabei erfuhren wir, dass sich der Dialysepatient in der Regel 3 x wöchentlich der Hämodialyse unterziehen, muss. Zwischen der Dialysebehandlung gehen viele Patienten, gerade Jüngere, noch ihrer Arbeit nach. Bei älteren Patienten ist die körperliche Belastbarkeit und die Beweglichkeit aber oft eingeschränkt. Einschränkungen, wie zum Beispiel die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, ein gewisser Diätzwang die regelmäßigen Fahrten zum Zentrum und medizinische Kontrolluntersuchungen gehören zum Krankheitsalltag. Die meisten Patienten sind sich im Klaren, dass sie sich zwischen Leben und Tod befinden und dass sie ohne die apparative Medizintechnik oder eine erfolgreiche Nierentransplantation sterben würden.
Mit der Dialyse beginnt auch eine Veränderung im Leben des Patienten. Die psychische Situation verändert sich in den ersten Wochen der Behandlung positiv, da der Patient bemerkt, dass sich eine Verbesserung seines Allgemeinbefindens einstellt. Das bringt wieder neue Hoffnung und Zufriedenheit.
Durch die kontinuierliche Dialysebehandlung entwickelt sich dann für den Patienten eine bestimmte Abhängigkeit gegenüber dem Dialyseteam. Er bekommt vom Dialyseteam die Behandlungszeit, den Dialysezeitpunkt und sein Gewicht vorgeschrieben. Der ein oder andere Patient wird durch das Gefühl der Bevormundung aggressiv. Der Patient muss lernen seine Grenze anzuerkennen und sich unangenehmen Realitäten (dass er durch die Dialysebehandlung nicht „gesund" wird und dass ihn diese Krankheit, bis zu seinem Lebensende begleitet) zu stellen. Bei der Problembewältigung ist der Dialysearzt und vor allem das Pflegepersonal, für den Dialysepatienten „Helfer Nummer eins". Mit praktischen Hinweisen kann das Dialyseteam den Patienten in seiner neuen Situation oft gut unterstützen, erklärte Frau Niegemann.
Nach der Anfangsphase beginnt langsam die chronische Phase der Erkrankung, hier gibt es dann unterschiedliche Anpassungsmuster. Manch ein Patient reagiert mit Trotz und Abwehr, z. B. indem er die Diät verweigert oder seine Medikamente nicht regelmäßig einnimmt bis hin zur teilweisen Verweigerung der Dialysebehandlung. Dann gibt es den Patienten, der die Rolle des Kranken voll auslebt. Das Personal muss beide Patientengruppen ernst nehmen und versuchen in Gesprächen die Ursachen seines Problems herauszufinden. Das Dialyseteam hat bei diesen Gesprächen auch die Möglichkeit, ihn zu sportlichen Aktivitäten oder einen Urlaub zu animieren. Der Patient wird nach einer gewissen Zeit merken, dass sich dadurch seine Lebensqualität positiv verändert und die Dialysebehandlung nicht das Ende jeder Lebensfreude für ihn bedeutet.
Nach Monaten und Jahren erreicht der Patient dann in der Regel ein Stadium, in dem er sich, seinem Zustand angepasst hat. Er kann seine Situation realistisch einschätzen und ist psychisch relativ stabil. Mit so einem Patienten kann das Dialyseteam dann offen über seine Bedürfnisse, Fehler, Ängste und Schwächen reden.
Es gibt aber auch den negativen und pessimistischen Patienten, der sich der Therapie wiedersetzt. Hier sollte das Pflegeteam immer wieder versuchen Ängste, Unverständnis und Aggressionen des Patienten durch eine gute Atmosphäre und objektive Beratung abzubauen. Hierzu ist es notwendig, dass das Personal das Wissen sowie die Kompetenz hat, dem Patienten durch häufige Kontaktaufnahme, Hoffnung und Zuversicht zu vermitteln und eine Art guter Freund zu werden. (Anmerkung: Bei dem Versuch guter Freund des Dialysepatienten zu werden, besteht die Gefahr, gerade bei jungen Patienten falsch verstanden zu werden. Viele Patienten sind privat durch ihre Krankheit Single und könnten das Verständnis der Schwester oder des Pflegers falsch verstehen. Hier kann es dann zu starken und schmerzhaften Missverständnissen kommen, die das Vertrauensverhältnis zum Dialyseteam sehr stark stören kann). Wenn es dem Dialyseteam gelungen ist dem Patienten gegenüber ein guter Freund zu sein, wird es auch gemeinsam gelingen, Ängste, Aggressionen sowie Unverständnis abzubauen, berichtet Frau Niegemann. Dann ist es auch möglich, dem Patienten in Gesprächen Hoffnung für eine Nierentransplantation oder eine langjährige Dialyse zu machen.
Dem Patienten, der nicht transplantationsfähig ist, darf das Personal auch die Schattenseiten und die Risiken der Transplantation nennen, da diese oft in Fernsehberichten als das Allheilmittel dargestellt wird.
Betrachtet man die Dialysebehandlung von der Seite des Dialyseteams, ist der Umgang mit dem Dialysepatienten sehr belastend, da eine Belohnung durch die Genesung des Patienten nicht eintritt. In diesem Punkt seiner Arbeit muss das Team seinen persönlichen Weg finden, diese Probleme selbst zu bewältigen.
Zum Schluss erklärte Frau Niegemann noch ein paar wichtige Argumente, die man als Personal in diesem Berufszweig der Krankenfelge mitbringen sollte.
Die drei wichtigsten Punkte waren dabei, Dialyse als Berufung zu erleben, bei der man jeden Tag leben rettet, die Fähigkeit besitzen sich auch in den Patienten hineinzuversetzen und vor allem sollte man in diesem Beruf menschliche Qualitäten besitzen.
Der wichtigste Satz ihres Vortrages, den man als Patient doch gerne viel öfter hören und erleben möchte, war: „Der kranke Mensch steht im Mittelpunkt allen Handelns, er braucht liebenswürdige Zuwendung."! Leider ist dies nicht immer Gang und gebe!
Danach endete für uns alle ein sehr interessanter Vortrag, bei dem sich einige solch eine nette Schwester für ihr Dialysezentrum wünschten.
Martin Müller