Seminar "Organspende und Transplantation" in Halle / Saale
Unser Herbstseminar stand dieses Jahr unter dem Thema "Organspende und Transplantation". Als Veranstaltungsort haben wir uns dieses Jahr für Halle an der Saale entschieden. Die Idee für Halle kam aufgrund der Anregung eines Mitgliedes, das vorschlug in Halle den Park des Hoffens, Dankens und Erinnerns zu besuchen. Der Park wurde speziell für Organspender und Empfänger von der DSO in Halle eingerichtet.
In Halle wurden wir im Tryp Hotel Halle, das sowohl mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, als auch mit dem Auto gut zu erreichen war, untergebracht. Das Hotel empfing einen mit großzügigen Räumlichkeiten und freundlichem Personal. Der Seminarraum lag für alle gut zugänglich im Erdgeschoss des Hotels.
Die Veranstaltung begann am Donnerstagabend. Die Teilnehmer sind nach und nach im Hotel angekommen und im Foyer haben sich schnell kleinere Runden gefunden, die sich begrüßten, austauschten und berichteteten.
Die Gespräche konnten beim anschließenden Abendessen, bei dem aus zwei Gerichten gewählt werden konnte, und beim anschließenden gemütlichen Beisammensein fortgesetzt werden.
Der thematische Schwerpunkt des Seminars lag, wie der Titel nahe legt, Organspende und Transplantation aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Themen wurden mit Bedacht zusammengestellt und aufeinander abgestimmt.
Am Freitagmorgen ging es dann gut gestärkt vom Frühstücksbuffet zu den Vorträgen. Roland begrüßte alle Anwesenden und eröffnete das Seminar.
Den Beginn bei den Vorträgen macht Herr Dr. med. Ulrich Peine vom Universitätsklinikum Halle (Saale). Er klärte in einem kurzweiligen Vortrag den Anwesenden über die Vorbereitung auf eine Nierentransplantation auf. Entscheidend für die Transplantation (im Folgenden "TPX") ist die Listung auf der Warteliste. Die Grundsätze der Transplantation sind dabei im Transplantationsgesetz geregelt, welches auch Richtlinien für die Vorbereitung einer TPX vorgibt. Elementar ist, dass alle Patienten bei drohendem Nierenversagen über die möglichen Nierenersatzverfahren, wozu auch die TPX zählt, aufgeklärt werden müssen. Über die Aufnahme auf die Liste entscheidet stets die Notwendigkeit und Erfolgsaussicht. Leitend muss hierbei die Frage sein: "Profitiert der Patient von der Aufnahme auf der Warteliste?". Gegen eine Aufnahme können unter anderem schwere Herz-Kreislauferkrankungen, schwere Begleiterkrankungen oder mangelnde Therapiertreue sprechen.
Um Begleiterkrankungen auszuschließen fallen diverse Voruntersuchungen bei Ärzten verschiedener Fachrichtnungen (z.B. Augenarzt, Hautarzt, Urologe, Kardiologe, HNO-Arzt, etc.) an. Wenn nach diesen Voruntersuchungen nichts gegen eine Aufnahem auf die Liste spricht, wird der Patient bei Eurotransplant gelistet. Die Voruntersuchungen müssen trotz allem regelmäßig weiterhin durchgeführt werden.
Der Vortrag wurde äußerst interessant und praxisorientiert gehalten und wurde von den Anwesenden sehr positiv aufgenommen.
Das nun folgende Referat von Herr Dr. med Karl Weigand, ebenfalls aus dem Universitätsklinikum Halle/Saale, baute thematisch auf das Vorangehende auf. Hierbei ging es um den Ablauf einer Nierentransplantation. Hier konnte Herr Dr. Weigand aus eigener Erfahrung als langjähriger Leiter des Transplantationszentrums und als transplantationserfahrener Urologe aus erster Hand berichten.
Zunächst gab er einen kurzen geschichtlichen Überblick über die noch verhältnismäßig junge Transplantationsmedizin, die erst durch die Entwicklung der Gefäßanastomose (also das Verbinden zweier Gefäße) 1900 denkbar wurde. 1963 wurde die erste Niere erfolgreich in der Berliner Charité transplantiert. Im Jahr 1997 wurde, als Konsequenz aus der sich weiter entwickelnden Transplantations – und Intensivmedizin, das Transplantationsgesetz verabschiedet. Herr Dr. Weigand ging auch auf die lange Geschichte des Transplantzentrums in Halle ein. Halle hat bereits 1966 die erste Transplantation durchgeführt und transplantiert seitdem sehr erfolgreich. Im Rahmen dieses Rückblicks machte er nochmals auf die dramatisch sinkenden Zahlen von Transplantationen seit 2007 aufmerksam.
Anschließend wurde das Drei-Säulen-Prinzip der Transplantation aufgezeigt. Die DSO fungiert als Koordinierungsstelle, Eurotransplant als Vermittlungsstelle und das Transplantzentrum führt die Transplantation und die Nachsorge durch. Das Zusammenspiel dieser drei Organisationen erläuterte Herr Weigand beispielhaft am Ablauf einer Transplantation.
Der Eingriff selbst wurde ebenfalls anhand von Videos aufgezeigt. Interessant war die Vorstellung der roboterassistierten Transplantion, die neben Halle nur noch in einem weiteren Zentrum durchgeführt wird.
Nach dem lehrreichen und interessanten Vortrag ging es zum Mittagessen, bei dem sich alle Mitglieder am reichhaltigen Büffet bedienen konnten. Herr Dr. Weigand stand auch noch während des Mittagessens für Rückfragen zur Verfügung.
Nach dem Mittagessen folgten zwei weitere Vorträge. Der erste wurde von Lars Otte, Vorstandsmitglied der JuNis, gehalten. Der Vortrag stand unter Thema: "Hirntod aus ethischer Sicht".
Der Hirntod bedeutet den irreversiblen Funktionsverlust des gesamten Gehirns und gilt seit 50 Jahren als Kriterium für den Tod und ist medizinisch sicher und nicht umstritten. In der Ethik ist in den letzten Jahren allerdings erneut ein Streit über die Hirntoddefinition entbrannt.
Lars Otte begann seinen Vortag mit der Definition des Todes aus unterschiedlichen Zusammenhängen (theologische, philosophische und biologische Sicht). Was für uns den Tod so entfremdet ist die Tatsache, dass wir nicht gleichzeitig Subjekt und Objekt des Todes sein können. Den Tod selbst erleben wir nur als Zuschauer bewusst, unseren eigenen Tod erleben wir nicht mehr "Der Tod ist kein Ereignis des Lebens". Dabei gehört der Tod unausweichlich zu unserem Leben, selbst die größten Anstrengungen führen nicht dazu, dass wir unserem eigenen Tod entgehen können.
Anschließend gab Lars Otte einen geschichtlichen Überblick über die Todesfeststellung. Über viele Jahrtausende hatten Menschen Angst lebendig begraben zu werden. Um dem zu entgehen wurden sichere Todeszeichen festgelegt (Leichenstarre, Leichenflecken, Gewebezersetzung, Madenbesiedelung, Verletzungen die mit dem Leben nicht vereinbar sind). Problematisch bei diesen Todeszeichen ist, dass die ersten Anzeichen erst 20 Minuten nach dem Herzstillstand eintreten. Nach dieser Zeitspanne sind die Organe aber nicht mehr zur Organspende zu gebrauchen.
Neben der wachsenden Organspende und der sich immer stärker entwickelten Intensivmedizin wurde eine Todesdefinition benötigt, die unabhängig vom Herzschlag und Atmung, die künstlich aufrecht erhalten werden können, den Tod nahe legt.
Der Hirntod ist medizinisch sicher festzustellen und kaum umstritten. Trotzdem ist die Hirntodkonzeption eine Herausforderung für Pfleger, Angehörige und Ärzte. Vor allem für Angehörige ist es schwer zu glauben, dass der Mensch, dessen Herz noch schlägt und dessen Atmung noch läuft tot sein soll.
Ethisch betrachtet wird die besondere Bedeutung des Gehirns, die im Hirntodkonzept hervorgehoben wird, in Frage gestellt und der Tod an sich mehr als Prozess verstanden, von dem der Hirntod einen Teil darstellt. Somit ist der Hirntod ein Eingriff in die letzte Phase des Lebens uns bleibt aus diesem Grund ein ethisches Dilemma, das aktuell in der Wissenschaft angeregt diskutiert wird. Es bleibt herauszustellen, dass Organspender sich bewusst für einen Eingriff entscheiden und sich somit auch für diesen Eingriff bereit erklären. Damit die Tragweite dieses Eingriffes bewusst wird, bedarf es aber weiterhin einer intensiven Aufklärung. Und eines ist und bleibt sicher: Nach dem Hirntod gibt es keinen Weg zurück ins Leben.
Den Abschluss des Tages bildetet der Vortrag von Frau Dr. med. Annette Bachmann vom Universitätsklinikum Leipzig. Sie referierte zum Thema "Nachsorge nach Nierentransplantation". Entscheidend aus ihrer Sicht: "Die Nachsorge beginnt bereits auf der Warteliste". Gut untersuchte und gut behandeltete Dialysepatienten, die qualitativ hochwertige Dialyse erhalten, haben auch besser Chancen ihr Organ lange zu erhalten. Entscheidend ist aber vor allem die Wartezeit auf der Liste, die zur Zeit leider immer länger wird.
Die Nachsorge nach einer Transplantation erfolgt in enger Kooperation zwischen Transplantzentrum, Facharzt und Patienten. Dabei gilt es die beeinflussbaren Faktoren für den Organerhalt möglichst gut zu kontrollieren und zu behandeln, wie es möglich ist um ein langes Transplantatüberleben zu sichern.
Zu den beeinflussbaren Faktoren zählen:
- Konsequente Nachsorge
- Gut eingestellte Immunsuppression
- Virusinfekte vermeiden und behandeln
- Den Blutdruck gut einstellen
- Regelmäßige Kontrolle der Blutparameter
- Konsequente Mitarbeit des Patienten (Compliance und Adherence)
Frau Bachmann führte noch einen Vergleich der unterschiedlichen Immunsuppression an und zeigte Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Behandlungen auf.
Der Vortrag zeigte deutlich: Entscheidend ist die Mitwirkung und das Mitdenken des Patienten und eine gute Behandlung durch die Ärzte.
Der Vortrag wurde wieder sehr interessiert aufgenommen und Frau Bachmann ließ beantwortete geduldig die Rückfragen.
Die Dialysepatienten mussten bereits während des Vortrags zu ihrer Dialyse aufbrechen.
Der Tag endete mit dem Abendessen. Im Anschluss daran bestand noch die Möglichkeit gemütlich zusammen zu sitzen und den Abend ausklingen zu lassen.
Der nächste Morgen wurde wieder mit einem gemeinsamen Frühstück begonnen. Auch hier konnten wir uns wieder am reichhaltigen Buffet bedienen.
Der erste Vortrag des Tages wurde von Dieter Centmayer, Vorstandsmitglied der Jungen Nierenkranken, zum Thema "Langjährig nierentransplantiert aus Sicht eines betroffenen Patienten" gehalten.
Dieter Centmayer ist bereits das zweite mal transplantiert und seine aktuelle Niere hat er seit 25 Jahren.
Dieter erzählte aus seinem Leben, von seiner ersten Niere, die er nach acht Jahren verlor. Wie er sich dann für die Bauchfelldialyse im Robert-Bosch-Krankenhaus entschied und sich von dort aus entschied seine nächste Transplantation im Katharinenhospital machen zu lassen. Nach kurzer Wartezeit bekam er seine zweite Niere transplantiert. Seitdem ist er auf Cellcept, Sandimun und Kortison eingestellt und hat einen sehr guten Verlauf.
Dieter erzählt auch von den Begleiterkrankungen die ihn durch die langjährige Transplantation eingeholt haben. Diese sind für ihn aber notwendige Übel einer Transplantation, die er für seine Niere gerne in Kauf nimmt.
Als das Geheimnis seines Erfolges gab er die Therapietreue, die gute Einstellung der Immunsuppression und die gute ärztliche Behandlung im Katharinenhospital und durch seine niedergelassene Nephrologin an.
Auch Dieters Vortrag stieß auf sehr gute Resonanz und regte den Tag über noch einige Gespräche und Austausch an.
Nach Dieters Vortrag ging es in den Park des Hoffens, Dankens und Erinnern. Der in der Nachbarschaft das Halloren- und Salinenmuseums gelegene Park wurde 2008 ins Leben gerufen. Der Park wird in Kooperation mit der DSO, der Stadt Halle, dem Universitätsklinikum Halle und des Vereins zur Förderung der Organspende e.V. betreut. Jedes Jahr werden neue Bäume gepflanzt und der Park wächst stetig. Die Hoffnung der Träger ist, so wie der Park wächst, so soll auch die Akzeptanz der Organspende in der Bevölkerung wachsen. Der Park bietet einen einmaligen Ort für Organspender, Transplantierte, Menschen auf der Warteliste und deren Familien und bietet Raum für deren Gefühle und Gedanken.
Die Führung wurde von Frau Heike Trepte von der DSO Leipzig in hervorragender Weise organisiert und durchgeführt.
Nach einem reichhaltigen Mittagessen ging es dann zum Haloren-Museum, einer Schokoladenmanufaktur, wo seit 1804 bereits süße Köstlichkeiten hergestellt werden. Im Anschluß an die Führung war noch die Möglichkeit, sich im Werkverkauf für die kommende Advents- und Weihnachtszeit einzudecken.
Nach einer Zeit des Bummelns in der schönen Innenstadt von Halle ging es in die "Wenzel Prager-Bierstuben" zum Abendessen.
Nach dem Frühstück am Sonntag war dann schon wieder "Verabschiedung" angesagt. Alle waren sich einig, dass es ein sehr informatives und schönes Seminar-Wochenende war.
Lars Otte