Mit dem CHM Center Hotel Main Franken hatten wir diesmal ein etwas günstigeres Hotel gewählt, was den Mitgliedern allerdings nicht entgegen kam. So sind für unsere Mitglieder einwandfreie Hygiene, Essensmöglichkeiten nach der Dialyse und gemütliche Ecken zum ausruhen von größter Wichtigkeit. Dies war im CHM-Hotel nicht alles vorhanden.
Auch mit dem Thema taten sich unsere Mitglieder diesmal etwas schwer, so kamen statt der erhofften 35 Teilnehmer lediglich 22 Teilnehmer zum Seminar. Nichts desto trotz waren hochqualifizierte Referenten vorhanden, die uns einen guten Einblick in die verschiedenen Themen gaben.
Zu Beginn gab uns Herr Ass. jur. Manfred Kästle vom VdK Bezirk Oberfranken einen Einblick in den Verfahrensweg einer Sozialklage. Es war sehr erfreulich zu hören, dass jeder eine Sozialklage einreichen kann. Technisch ist der Weg aber eine komplizierte Angelegenheit, so dass nur die Empfehlung bleibt, wer aus welchem Grund auch immer den Weg einer Sozialklage gehen möchte, sollte sich auf jeden Fall einen Rechtsbeistand suchen.
Weiter ging es mit Herrn Erwin Manger vom Versorgungsamt Bayreuth, der uns über den Weg zum Schwerbehindertenausweis informierte. Was ist eigentlich gesetzlich unter "Schwerbehinderung" zu verstehen? Wer ermittelt den Grad der Behinderung und welche Parameter sind ausschlaggebend. Welchen Nutzen bringt mir ein Schwerbehindertenausweis? Fragen über Fragen, die in diesem Vortrag ausgiebig bearbeitet wurden.
Frau Cornelia Elser von der LAGH Baden-Württemberg klärte uns über das Thema "Persönliches Budget" auf. Wie wir erfahren konnten, gibt es hierzu verschiedene Modellprojekte, u. a. in Baden-Württemberg. Sinn und Zweck des Persönlichen Budgets ist, dass Menschen mit Behinderungen, die auf Hilfe Dritter angewiesen sind, statt einer zugewiesenen Sachhilfe (z. B. Taxiunternehmen, Arbeitsassistenz, Haushaltshilfe usw.) ein Budget bekommen, das sie selbst verwalten und somit ein selbstbestimmteres Leben führen können. Die dahinter steckende Grundidee der Selbständigkeit erschien uns als sehr gut, jedoch scheint das Projekt nur schleppend voranzugehen. Siehe auch www.budget.paritaet.org.
Als nächstes teilte Herr Hermann Lang vom BKK Landesverband Bayern uns die Neuerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung mit. Neben den Neuerungen, wie z. B. den Extrabetrag des Versicherten für Zahnersatz konnten wir auch erfahren, dass die meisten Krankenkassen der gesetzlichen Forderung, die Beiträge zu senken, nicht nachkommen - können. Die Gesundheit ist nach wie vor ein teures Gut und solange Leistungen in Anspruch genommen werden, müssen diese auch von irgend jemanden bezahlt werden.
Herr Dr. Jens Eue vom Notariat Bamberg hatte zahlreiche Informationen zum Thema "Erbrecht und Testament" für uns parat, die er trotz der Ernsthaftigkeit des Themas mit viel Elan und Humor rüberbrachte. So haben wir gelernt, wenn kein Eigentum vorhanden ist und nur wenig Familienangehörige (z. B. Eltern und Ehepartner), kann man seine Erbangelegenheiten durchaus noch alleine regeln. Mit Eigentum wirds schon viel schwieriger und ganz schwierig wird es, wenn noch komplizierte und/oder umfangreiche Familienverhältnisse hinzu kommen. Auch hier ist es dann äußerst ratsam, einen Fachmann, in diesem Falle einen Notar, zur Hilfe zu nehmen.
Zu guter letzt berichtete Herr Helmut Burgis von der Arbeitsgemeinschaft (ArGe) Landkreis Bamberg über das aktuelle Thema "Hartz IV". Die Arbeitsgemeinschaften sind die ausführenden Stellen für das Hartz IV-Gesetz. Die Vermittlung von Arbeitslosen soll dabei an erster Stelle stehen. Hierbei gibt es auch erste Erfolge, jedoch sind diese noch sehr zaghaft, da Theorie und Praxis leider nicht immer übereinstimmen und letztendlich Arbeit die nicht da ist, auch nicht vermittelt werden kann. Und auch die Tatsache, dass Menschen, die lange nicht gearbeitet haben, sich oftmals sehr schwer tun, wieder einer geregelten und häufig nicht sehr gut bezahlten Arbeit nachzugehen, sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
Wenn diesmal auch nicht so viele Teilnehmer zum Seminar gekommen waren, so waren die Anwesenden doch hochzufrieden und bekundeten, dass sie wieder viel dazu gelernt hätten.
Monika Centmayer
Fotos von Monika Centmayer
Herr Hermann Lang vom BKK Landesverband Bayern berichtete uns von den Neuerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2005.
Zu Beginn zeigte er uns anhand einer Grafik, dass das ganze Gesundheitswesen auch ein riesiger Arbeitsmarkt ist. Man könnte sogar sagen, dass kranke Menschen zu den größten Arbeitgebern in ganz Deutschland gehören.
Anhand einer weiteren Grafik zeigte uns Herr Lang relativ detailliert am Beispiel des BKK Landesverbandes Bayer, wofür im Einzelnen die Krankenkasse ihre Einnahmen ausgibt. Dabei fiel auf, dass die Netto-Verwaltungskosten mit ca. 6 % der Gesamtausgaben doch eher relativ gering sind.
Dann gab uns Herr Lang einen Überblick über die EBM 2000 plus Die EBM 2000 plus ist die Gebührenordnung für alle Vertragsärzte und -psychotherapeuten, die am 01.04.2005 in Kraft getreten ist und den bisherigen Einheitlichen Bewertungsmaßstab ablöst.
Die Grundbegriffe der EBM 2000 Plus (EBM = Einheitlicher Bewertungsmaßstab) sind:
- Ordinationskomplex mit Altersgewichtung
- Arztbesuch einmal im Quartal
- Altersgewichtung
- bis zum vollendeten 5. Lebensjahr
- Beginn 6. Lebensjahr bis zum vollendeten 59. Lebensjahr
- ab Beginn 60. Lebensjahre
- Konsultationskomplex statt Pauschale
- Es gibt Folgekontakte zum Arzt
- Zeittaktung
- Behandlungen und Gespräche sind zeitgebunden
- Es gibt gleiche Bewertungen für alle Arztgruppen
- Betreuungsleistungen nur im hausärztlichen Versorgungsbereich
Hier einige Neuerungen des Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes (GMB), die bereits eingeführt sind oder eingeführt werden sollen:
Neue Versorgungsformen als Folge des GMG (eingeführt ab dem 01.01.2004)
- Hausarztzentrierte Versorgung § 73 b SGB V
Verpflichtung für Krankenkassen AOK Bayern mit KVB ab 01.04.2005 - Medizinische Versorgungszentren § 95 SGB V
Umsetzung bisher eher zögernd - Ambulante Behandlung im Krankenhaus §§ 116 a, b SGB V
Bisher nahezu keine Anwendung Finanzierung sehr problematisch - Integrierte Versorgung § 140 a SGB V
Bundesweit schon viele sehr unterschiedliche Verträge, interessante Möglichkeiten können sich auftun.
Zahnersatz
Seit 01.07.2005 bezahlt der Versicherte den Krankenversicherungsbeitrag mit 0,9 % des Gesamtversicherungsbeitrages alleine. Zuvor teilten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Beitrag mit je 0,45 %. Ziel dieser Änderung ist die Senkung der Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber. Der Versicherte erhält für den Zahnersatz einen befundbezogenen Festzuschuss.
Fahrtkosten
Hier hat es vor allem auch für Dialysepatienten Änderungen gegeben.
Fahrtkosten werden nur noch aus zwingenden medizinischen Gründen, bei ambulanter Behandlung nur in besonderen Ausnahmefällen und nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse übernommen. Auch bei Dialysepatienten muss die Notwendigkeit von Taxifahrten zur Dialyse hin und wieder zurück vom Arzt bescheinigt und von der Krankenkasse genehmigt werden.
Durch diese Neuregelung wurden Taxifahrten für Dialysepatienten teilweise komplett gestrichen, teilweise bekommen Dialysepatienten jetzt aber auch nur noch die Rückfahrt per Taxi bezahlt und müssen die Hinfahrt selbst organisieren. Dies führt vor allem bei berufstätigen Dialysepatienten zu großen Problemen.
Zuzahlungen
Auch bei den Zuzahlungen hat sich einiges geändert.
Insgesamt muss der Versicherte 2 % seines Jahres-Brutto-Einkommens zuzahlen, Schwerbehinderte 1 %. Dabei ist mit Bruttoeinkommen nicht nur Lohn/Gehalt gemeint, sondern auch Einnahmen aus Mieten, Pachten, Zinsen, Renten usw.
Versicherte bis zum 18. Lebensjahr sind generell von den Zuzahlungen befreit.
Praxisgebühr | 10 EUR ja Quartal, in der Regel beim Hausarzt |
Krankenhausbehandlung, Anschlussheilbehandlung täglich | 10 EUR für maximal 28 Kalendertage/Jahr |
Stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen, täglich | 10 EUR |
Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen, täglich | 10 EUR |
Heilmittel | 10 % der Kosten + 10 EUR je Verordnung |
Häusliche Krankenpflege | 10 % der Kosten je Kalendertag + 10 EUR je Verordnung für maximal 28 Kalendertag / Jahr |
Ambulante ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung | 10 EUR je Quartal bei erstmaliger Inanspruchnahme ohne Überweisung. Keine Zuzahlung für Schutzimpfung, Gesundheitsuntersuchungen und zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen. |
Arznei-, Verband und Hilfsmittel | 10 % des Abgabepreises, mind. 5 EUR, max. 10 EUR. |
Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel | 10 % der Kosten je Packung, höchstens 10 EUR für den Monatsbedarf je Indikation |
Soziotherapie, Haushaltshilfe | 10 % der Kosten je Kalendertag, mind. 5 EUR, max. 10 EUR |
Zahnersatz | 40 %, berücksichtigt ist ein Vorsorgebonus von 10 %. Der Bonus erhöht sich um weitere 5 %, wenn der Versicherte in den letzten 10 Jahren regelmäßig Zahnpflege betrieben hat und die Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen hat. Ab 01.01.2005 gelten Neuregelungen. |
Insgesamt muss der Versicherte 2 % seines Jahres-Brutto-Einkommens zuzahlen, Schwerbehinderte 1 %. Dabei ist mit Bruttoeinkommen nicht nur Lohn/Gehalt gemeint, sondern auch Einnahmen aus Mieten, Pachten, Zinsen, Renten usw.
Versicherte bis zum 18. Lebensjahr sind generell von den Zuzahlungen befreit.
Disease-Management-Programme (DMP)
Für Diabetiker Typ 2 ist dieses Programm bereits eingeführt. Hintergrund dieses Programms ist, dass bestimmte chronische Krankheiten nach einem von Wissenschaft und Politik vorgegebenen Schema behandelt werden sollen, um so einerseits eine bestimmte Qualität zu wahren und andererseits Folgeerkrankungen zu vermeiden. Der Nachteil dieser Programme liegt darin, dass sie recht unflexibel sind, auch in der Anpassung an neueste Erkenntnisse und somit diese neuesten Erkenntnisse nur verzögert angewendet werden können.
Weitere DMP-Programme, die teilweise bereits eingeführt sind oder eingeführt werden sollen, gibt es für Brustkrebs, koronare Herzkrankheiten usw.
Geplante Neuerungen für den Versicherten
Elektronische Gesundheitskarte (eGK)
Die eGK soll ab 01.01.2006 eingeführt werden, in Modellregionen wird sie bereits seit längerer Zeit getestet.. Nachdem sie zu Beginn nur allgemeine Daten enthalten soll, ähnlich wie die jetzige Versichertenkarte, ist geplant, später auch krankheitsbezogene Daten und Verläufe aufzunehmen. An erster Stelle steht dabei das elektronische Rezept. Hinzu kommen dann Arzneimitteldokumentation, Notfalldaten usw.
Der Sinn dieser eGK liegt darin, dass Doppeluntersuchungen vermieden und somit auch Kosten gespart, also wirtschaftlicher behandelt werden kann und jeder Arzt den Krankheitsverlauf eines Patienten gleich zur Verfügung hat und entsprechende Maßnahmen einleiten kann.
Ob allerdings die eGK neben dem administrativen Teil tatsächlich auch die medizinischen Angaben enthalten wird, soll letztendlich jeder Patient selbst entscheiden. Es gibt aber auch große Skeptiker dieser eGK, vor alle wegen des Datenschutzes, die den "Gläsernen Menschen" befürchten.
Anmerkungen: Dieser Bericht wurde mit aktuellen Informationen aus dem Internet aktualisiert und ergänzt.
Monika Centmayer
Frau Cornelia Elser von der LAG Baden-Württemberg berichtete uns über das Thema "Persönliches Budget".
Rechtliche Grundlage
Rechtliche Grundlagen sind das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX, § 17 Abs. 2-4, § 21a) sowie die Budgetverordnung (BudgetV) (beide im Anschluss an diesen Text angehängt). Darüber hinaus wird im Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (z.B. §§ 11, 13, 26, 53, 61) sowie im Sozialgesetzbuch Elftes Buch (§ 28) für die einzelnen Träger festgeschrieben, welche Leistungen zukünftig als Persönliches Budget erbracht werden können. Zur Zeit gibt es mehrere Modellprojekte in verschiedenen Bundesländern und / oder Regionen in Deutschland. In Baden-Württemberg ging das Modellprojekt 2002 an den Start.
Ziel
Ziel des persönlichen Budget ist es, wegzukommen von der Fürsorge schwerstbehinderter Menschen hin zur selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. So bekommen bisher Anbieter von Leistungen, z. B. ambulante Dienste, Heime, Gelder von Versicherungen und Ämtern gezahlt, die sie dann im Sinne des Schwerbehinderten Leistungsempfängers verwenden, ohne dass dieser allerdings einen Einfluss darauf ausüben kann. Durch das persönliche Budget erhält der Leistungsempfänger selbst die Gelder und bestimmt dann auch selbst, welche Leistungen zu welchem Zeitpunkt von wem wie durchgeführt werden. Dies führt dann nicht nur zu mehr Selbständigkeit von schwerbehinderten Menschen sondern auch zu mehr Menschenwürde.
Voraussetzungen
Derzeit kann jeder Mensch mit Behinderung einen Antrag stellen, der mindestens eine Leistung der Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) erhält bzw. auf diese Leistung Anspruch hätte. Dies sind z. B.
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wie z.B. Hilfen zur Erlangung und Erhaltung eines Arbeitsplatzes; Arbeitsassistenz, technische Arbeitshilfen
- Eingliederungshilfe, z.B. Haushaltshilfen, Kinderbetreuung
- Hilfe zur Pflege
- Leistungen in teilstationären Einrichtungen wie z.B. einer Werkstatt für behinderte Menschen
- Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
Der Antrag auf Umwandlung von Leistungen in ein persönliches Budget kann formlos an das Sozialamt, die Pflegekasse, den Rentenversicherungsträger oder an die Stelle, von der der Antragsteller bereits Leistungen erhält, gestellt werden. In Baden-Württemberg wurde zur Unterstützung und Beratung bei der Antragstellung die Stelle einer Budgetassistenz eingerichtet.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind vor allem Menschen, die in einem Heim leben oder einen Heimaufenthalt vermeiden wollen, Nutzer des persönlichen Budgets.
Höhe und Dauer des persönlichen Budgets
Grundsätzlich gilt, dass das persönliche Budget die Kosten der gesamten bisherigen Leistungen nicht überschreiten soll. Es handelt sich um eine einkommensabhängige Leistung. Wird also ein bestimmtes Einkommen überschritten, so muss der Antragsteller vorerst auf seine eigenen Reserven zurückgreifen.
Ist eine Entscheidung gefallen, ist die Budgetnehmerin / der Budgetnehmer 6 Monate daran gebunden, dann gilt in aller Regel das persönliche Budget für 2 Jahre bevor neu darüber entschieden wird.
Weitere Informationen
PARITÄTISCHES Kompetenzzentrum Persönliches Budget
Drechslerweg 25
55128 Mainz
Melanie Fritz 06131 93680-12
Christina Nedoma 06131 93680-27
eMail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.budget.paritaet.org
Anmerkung: Dieser Bericht wurde durch Informationen aus dem Internet aktualisiert und ergänzt.
Monika Centmayer
Herr Erwin Manger vom Versorgungsamt Bayreuth informierte uns über den Weg zum Schwerbehindertenausweis
1. Der Antrag auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises muss:
- schriftlich oder zur Niederschrift gestellt werden
- an die AVF, andere Sozialleistungsträger oder die örtliche Gemeinde
- vom Betroffenen selbst gestellt werden, sofern dieser handlungs- und geschäftsfähig ist. Ansonsten ist hier sein amtlicher Vertreter zuständig.
2. Ermittlung der notwendigen Daten
- Werden durch das Amt für Versorgung und Familienförderung (AVF) von Amts wegen durchgeführt
- Ermittelt wird bei:
- Befundberichten der behandelnden Ärzte
- Berichte der Krankenhäuser und Kuranstalten
- Gutachten der Pflegekasse, Krankenkasse, Rentenversicherung
- Ausnahmsweise können Untersuchungen durch das AVF vorgenommen werden
3. Auswertung der Daten
- Die sozialmedizinische Auswertung der Daten erfolgt durch den ärztlichen Dienst des Amtes:
- nach Aktenlage
- nach Untersuchung
4. Die Umsetzung der Auswertung erfolgt durch Verwaltungsbeamte. Es erfolgt die:
- Schlüssigkeitsprüfung
- Bescheiderteilung
- Ausweisausstellung
5. Definition "Behinderung" nach § 2 SGB IX
- Menschen sind behindert, wenn ihre:
- körperliche Funktion
- geistige Fähigkeit oder
- seelische Gesundheit
6. Grad der Behinderung (GdB)
Die Auswirkungen der vorliegenden Behinderung/en auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden durch den GdB widergespiegelt. Da der GdB nur annähernd bestimmt werden kann, erfolgt eine Abstufung in Zehnergraden.
Die Einstufung richtet sich nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz. Diese sind für die Verwaltung bindend.
7. Schwerbehinderung lt. § 2 Abs. 2 SGB IX und Gleichstellung lt. § 2 Abs 3,4 SGB IX
- Grundsätzlich sind Menschen schwerbehindert ab einem GdB von 50.
- Personen, die einen GdB von 30 oder 40 haben, können zur Erlangung oder zum Erhalt eines Arbeitsplatzes einen Antrag auf Gleichstellung stellen. Behinderte Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in der Berufsausbildung befinden, können diesen Antrag auf Gleichstellung auch bei einem GdB < als 30 stellen
8. Berechnung des Gesamt-GdB
Bei der Berechnung des Gesamt-GdB werden die einzelnen Behinderungen nicht zusammengerechnet. Ausschlaggebend ist:
- erstens das schlimmste der vorhandenen Leiden und
- zweitens die Schwere der Beeinträchtigung der weiteren Leiden auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.
9. Einstufung bei Schäden der Harnorgane
Die Beurteilung des GdB richtet sich nach dem:
- Ausmaß der Störungen der inkretorischen (Entgiftung) und exkretorischen (Ausscheidung) Nierenfunktion und/oder des Harntransportes.
- Daneben sind die Beteiligung anderer Organe (z.B. Herz/Kreislauf, Zentralnervensystem, Skelettsystem), die Aktivität eines Entzündungsprozesses, die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die notwendige Beschränkung in der Lebensführung zu berücksichtigen.
- Unter dem Begriff "Funktionseinschränkung der Nieren" ist die Retention (zurückhalten / nicht ausscheiden) harnpflichtiger Substanzen zu verstehen.
10. Einstufung bei Nierenfunktionseinschränkungen
Grad der Nierenfunktionseinschränkungen | GdB |
Leichten Grades GdB = Serumkreatininwerte unter 2 mg/dl, Kreatininclearence ca. 35 bis 50 ml/Min., Allgemeinbefinden nicht oder nicht wesentlich reduziert, keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit |
20 - 30 |
Serumkreatininwerte andauernd zwischen 2 und 4 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden wenig reduziert, leichte Einschränkung der Leistungsfähigkeit | 40 |
Mittleren Grades = Serumkreatininwerte andauernd zwischen 4 und 8 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden stärker beeinträchtigt, mäßige Einschränkung der Leistungsfähigkeit |
50 - 70 |
Schweren Grades = Serumkreatininwerte dauernd über 8 mg/dl, Allgemeinbefinden stark gestört, starke Einschränkung der Leistungsfähigkeit, bei Kindern keine normalen Schulleistungen mehr |
80 - 100 |
Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere Leichten Grades Mittleren Grades Schweren Grades |
40 - 50 60 - 80 90 - 100 |
Notwendigkeit der Dauerbehandlung mit Blutreinigungsverfahren (z. B. Hämodialyse, Peritonealdialyse) | 100 |
Bei allen Nierenschäden mit Funktionseinschränkungen sind Sekundärleiden (z. B. Hypertonie, ausgeprägte Anämie (HB-Wert unter 8 g/dl), Polyneuropathie, Osteopathie zusätzlich zu bewerten; sie sind bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen.
11. Einstufung nach Nierentransplantation
Nach Nierentransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdB/MdE-Grad von 100 anzusetzen. Danach ist der GdB/MdE-Grad entscheidend abhängig von der verbliebenen Funktionsstörung; unter Mitberücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression ist jedoch der GdB/MdE-Grad nicht niedriger als 50 zu bewerten.
12. GdB-abhängige Nachteilsausgleiche
- Steuerfreibetrag (ab GdB 30 = 310 EUR - max. 1.420 EUR)
- Bevorzugte Einstellung / Beschäftigung, §§ 81, 122 SGB IX
- Kündigungsschutz, §§ 85 ff, SGB IX
- Freistellung von Mehrarbeit, § 124 SGB IX, § 12 AzV
- Zusatzurlaub, § 125 SGB IX
- Stundenermäßigung, § 3 IV UrIV
- Vorgezogene Altersrente / Pensionierung
- Freibeträge, Ermäßigungen
- Benachteiligungsverbot, Anspruch auf Teilzeit, § 81 SGB IX
13. Chronikerregelung
Von einer schwerwiegenden chronischen Krankheit spricht man, wenn die Krankheit seit mindestens einem Jahr besteht und mindestens eine Kontrolluntersuchung pro Quartal notwendig ist oder wen ein GdB von mindestens 60 vorhanden ist.
14. Nachteilsausgleiche und Vergünstigungen durch Zusatzeintragungen (Buchstaben)
Buchstabe / Bedeutung | Nachteilsausgleiche | Vergünstigungen |
G = erhebliche Gehbehinderung | In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. § 146 I SGB IX. |
|
Wie oben | Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Bei inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie (siehe Nummer 26.12), sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. | Wie oben |
B = Notwendigkeit ständiger Begleitung | Ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen notwendig, die bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. § 146 II SGB IX |
|
aG = außergewöhnliche Gehbehinderung | Als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. |
|
H = Hilflosigkeit | Als hilflos ist derjenige anzusehen, der infolge von Gesundheitsstörungen - nach Teil 2 SGB IX und dem Einkommensteuergesetz "nicht nur vorübergehend" - für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. §§ 145 SGB IX i.V.m. 33 b VI EStG |
|
RF = Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht | Diese gesundheitlichen Voraussetzungen sind nach landesrechtlichen Vorschriften und ergänzender Rechtsprechung immer erfüllt bei:
|
Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht |
GL = Gehörlosigkeit | Gehörlos sind schwerbehinderte Menschen, bei denen ein vollständiger Gehörverlust auf beiden Ohren besteht. Als gehörlos gelten auch schwerbehinderte Menschen, bei denen eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beiderseits sowie schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. AP Nr. 30 Abs. 1 |
|
Bl = Blindheit | Blind ist der behinderte Mensch, dem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind ist auch der Behinderte anzusehen, dessen Sehschärfe (siehe Nummer 26.4) auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 0,02 (1/50) beträgt oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzuachten sind. AP Nr. 23 |
|
Neu ist die Möglichkeit der Verlängerung des Schwerbehindertenausweises auf unbefristete Zeit, wenn der Ausweis in der vorliegenden Form bereits einmal um mindestens 5 Jahre verlängert wurde.
Damit beendete Herr Manger seinen sehr interessanten und ausführlichen Vortrag zum Thema "Schwerbehindertenausweis".
Weitere mögliche Nachteilsausgleiche/Vergünstigungen - Tipps von Patient zu Patient bzw. aus dem Internet, die nicht Inhalt des Vortrags waren. Weitere Informationen auch unter www.global-help.de.
Vergünstigung / Nachteilsausgleich | Voraussetzung | Quelle |
Beitragsermäßigung für die ADAC- und ADACPlus-Mitgliedschaft in Höhe von ca. 10 EUR/Jahr | GdB von mind. 50 | ADAC |
15 bis 20 % Rabatt oder Pauschalrabatte beim Autokauf bei vielen Markenherstellern | Vorlage des Behindertenausweises | Geldsparen.de |
15 % Rabatt beim Autokauf für Angehörige schwerbehinderter Kinder oder Erwachsener, die selbst keinen Pkw fahren können. - Hersteller fragen | Schwerbehindertenausweis mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent und wenigstens einem Merkzeichen G, aG, H, BL oder B | Magazin Handicap 3/2003 Seite 13 |
Verschiedene Rabatte bei Mobilfunkanbietern zum billigeren telefonieren. | Vorlage des Schwerbehindertenausweises | Verschiedene Quellen |
Befreiung von der Kurtaxe | Vorlage des Schwerbehindertenausweises, GdB von 80, tlw. 100 | Magazin Handicap 3/2003 Seite 92 |
Nachlass bei Eintrittspreisen zu kulturellen Veranstaltungen (Kino, Theater usw.) | Vorlage des Schwerbehindertenausweises, tlw. GdB ab 80, Buchstabe B | |
Krankenversicherung: Schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 2 Abs.2 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - können unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von 3 Monaten nach Feststellung dieser Eigenschaft der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beitreten (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Nr. 4 SGB V ). Auskünfte erteilen die gesetzlichen Krankenkassen. | ||
Wohngeld Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens wird bei schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von 100 bzw. 50-90 und Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - ein Freibetrag abgesetzt. Auskünfte erteilen die zuständigen Stellen bei den Städten, Landkreisen und Gemeinden. | ||
Parkerleichterungen Personen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) und Blinden (Merkzeichen BI) können Parkerleichterungen dadurch gewährt werden, dass sie durch Ausnahmegenehmigungen von bestimmten Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung befreit werden (z.B. an Parkuhren ohne Gebühr und zeitliche Beschränkung zu parken; an Stellen, an denen das eingeschränkte Halteverbot angeordnet ist, bis zu drei Stunden zu parken; in Fußgängerzonen während der Ladezeit zu parken). Auskünfte erteilen die Straßenverkehrsämter. | ||
Erziehungsgeld Bei der Berechnung des maßgeblichen Einkommens der Eltern wird der steuerlich anerkannte Pauschbetrag für ein behindertes Kind, der je nach Grad der Behinderung 310,-- EUR bis 3.700,-- EUR beträgt, in Abzug gebracht. Auskünfte erteilen die Erziehungsgeldstellen der Landkreise und zuständigen Gemeinden. |
Monika Centmayer
Folien von Erwin Manger zum Download
Herr Ass. jur. Manfred Kästle vom VdK Bezirk Oberfranken gab uns einen Einblick in den Verfahrensweg einer Sozialklage.
Die Kernbereiche der Sozialklage sind:
- Gesetzliche Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung sowie die private Pflegeversicherung
- Arbeitslosenversicherung
- Grundsicherung
- Sonstige soziale Sicherungen wie z. b. Mutterschaftsgeld
- Kriegsopferversorgung (nur noch selten)
- Sozialhilfe, Asylhilfe
- Schwerbehindertenrecht
- LFG (Arbeitgeberausgleich)
Es gibt noch weitere Bereiche, mit denen sich das Sozialgericht befasst, die jedoch eher selten vorkommen und nicht zu den Kernbereichen gehören.
Es gilt der Grundsatz: "Wenn ein Antrag vorliegt, steht der Verwaltung kein Ermessen mehr zu." Dies heißt, ein Antrag, der vorgelegt wurde, muss auch bearbeitet werden. Dabei ist der Antragsteller jederzeit "Herr" des Verfahrens und bestimmt somit auch jederzeit, ob das Verfahren weitergeführt oder beendet werden soll.
Das Sozialgericht kann zu:
- Pflichtleistungen verurteilen, die im Gesetz mit "muss - ist - soll" beschrieben sind und ein positives Tun oder ein unterlassen des Beklagten verlangen.
- Ermessensleistungen verurteilen, de im Gesetz mit "kann - darf - ist befugt" beschrieben werden und ein "Entschließungsermessen" oder ein "Auswahlermessen" für den Beklagten zur Folge haben.
Grundsätzlich ist zu jedem Urteil ein Widerspruch möglich. Ein Widerspruch hat stets eine aufschiebende Wirkung.
Sozialklagen werden in der Regel durch Gutachten entschieden. Bei Negativgutachten hat der Kläger die Chance, ein zweites Gutachten einzufordern. Ein Gutachten muss allerdings vom Kläger vorfinanziert werden (ca. 1.500 EUR) und wird dann später durch den Rechtsschutz erstattet. Den Gutachter kann der Kläger selbst bestimmen, er sollte jedoch darauf achten, dass stets das Gericht Auftraggeber ist, um ein gerichtsamtliches Gutachten zu erhalten.
Ab dem Bundessozialgericht (BSG) gilt Anwaltszwang und die Gerichtskosten sind frei.
Grundsätzlich war sehr erfreulich zu hören, dass jeder eine Sozialklage einreichen kann. Technisch ist der Weg aber eher eine etwas komplizierte Angelegenheit und hier nur ein sehr kleiner Einblick wiedergegeben, so dass nur die Empfehlung bleibt, wer aus welchem Grund auch immer den Weg einer Sozialklage gehen möchte, sollte sich auf jeden Fall einen Rechtsbeistand suchen. Weitere Informationen finden sich auch auf www.bundessozialgericht.de.
Monika Centmayer