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Am 28.10.2004 lud der „Junge Nierenkranken Deutschland e.V.“ zum dritten und letzten Seminar im Jahre 2004 zum Thema Kommunikation zwischen Patient und Arzt/ Pflegepersonal nach Bad Rippolsau ein.

 

Tag der Anreise

Fast alle Teilnehmer reisten am Donnerstag an und wurden größtenteils von Martin Müller in einer räumlich gewöhnungsbedürftigen Kurklinik begrüßt. Die komplette Seminargruppe traf sich dann erstmals am Abend zu einem gemeinsamen Gespräch im Seminarraum. Hier lernten wir eine sehr nette Ordensfrau, Schwester Angela, kennen. Sie war sehr interessiert an unserem Verein, dessen Arbeit und dem Krankheitsbild, mit dem wir täglich konfrontiert werden. Nach einem kurzen kennen lernen der Teilnehmer untereinander teilte sich die Gruppe zum Tischtennis oder Billard auf. Die Leute des Vorstandes hatten dazu leider keine Zeit, sie setzten sich zusammen und besprachen den Programmablauf des Seminars und der Gesundheitswoche.

Erster Seminartag

Zu Beginn am ersten Seminartag sprach der Leiter der Klinik, Herr Huber, die üblichen Begrüßungsworte und erklärte allen Teilnehmern der Gesundheitswoche kurz den Ablauf. Im Anschluss an Herrn Huber sprach auch die Diätassistentin Frau Klink kurz ihr Programm der nächsten Woche an. Frau Klink war sehr bemüht, dass jeder das zu essen bekam was er benötigte doch für Saarländer gab es dort auch mit viel Mühe leider nicht viel.

Kommunikationsworkshop

Zu Anfang begann Ilse Mutke und ihr Sohn Jörg Mutke, die beide von Beruf Dipl. Psychologen sind, mit dem ersten Teil des Kommunikationsworkshop. Dieser Workshop teilte sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil auf. Im theoretischen Teil lernten wir an vielen Beispielen die Grundkenntnisse von Gesprächsführung und Kommunikation.
Nach der Einführung setzten wir uns alle in einen Kreis und stellten uns nach einander mit Name, Herkunft und Beruf vor. Der erste Schritt war, Stichpunkte zu sammeln, die bei der Kommunikation an sich wichtig sind. Danach ging es um das Thema Gesprächsführung. Es filterte sich hier schon ein Problem heraus, das fast jeden gleich betraf, das Gespräch zwischen Arzt und Patient. Viele beklagten, dass Ärzte all zu oft geschilderte Probleme als unwichtig übergehen. Der Wunsch nach mehr Verständnis und Aufmerksamkeit der Ärzte war regelrecht zu spüren.

Im praktischen Teil mussten sich die Seminarteilnehmer in 4 Gruppen aufteilen und zusammen erarbeiten, oder Eigenschaften in einem Gespräch positiv oder negativ sind.
In Gruppe eins mit Monika Centmayer waren die Offenheit im Gespräch und aktives Zuhören die wichtigsten Elemente.
In Gruppe zwei mit Gunter Fischborn waren die wichtigsten Punkte „wie bring ich’s richtig rüber“ und was bedeutet die Haltung und das Verhalten meines Gegenübers.
Gruppe drei mit Reiner März hatte als wichtigsten Punkt die Zeit erarbeitet, die in vielen Arztgesprächen nicht vorhanden ist bzw. nicht genommen wird.
Gruppe vier mit Ursula Pfetsch sprach über den Umgang mit Gesprächspartnern die laut, angeberisch und aufdringlich auftreten.

Nach 20 Minuten trafen sich dann alle wieder im Seminarraum und besprachen gemeinsam mit den Seminarleitern Mutke ihre Ergebnisse. Auch nach der Gruppenarbeit blieb wieder alles bei dem Thema der Gruppe drei dem Arztgespräch stehen. Dabei wurde von der Seminarleiterin erklärt, dass man sich auf den Arzttermin vorbereiten sollte und genau wissen sollte, was will ich vom Arzt! Nur wer sich gut vorbereitet, kann auch seine Informationen so rüberbringen, dass Sie verstanden werden. Sollte es dennoch ein Problem geben, dass der Arzt keine Zeit für einen hat, soll man das bei seinem Arzt offen und ehrlich ansprechen.

In einem nächsten Schritt wurden einzelne Problemsituationen der Teilnehmer mit dem Arzt oder dem Personal durchgespielt. Im ersten Problemfall spielte Monika Centmayer eine Patientin, die dem Arzt (gespielt von Gunter Fischborn) klar machen sollte, dass mit seinen Anordnungen, die ständig von denen der anderen Ärzte abweichen, nicht klar kommt. Der zweite Problemfall handelte von einem Arzt, der ständig widersprüchliche Aussagen von sich gibt. Die Patientin wurde von Uschi Pfetsch gespielt. Der letzte Fall handelte von einer Schwester (gespielt von Joachim Kaiser) die beim Abhängen zu viel Kochsalz verwendete, und dem Patienten (gespielt von Gunter Fischborn), der sich darüber beschwerte. Zum Ende der Schilderungen wurde jeder Fall nochmals besprochen und versucht, eine Möglichkeit zu finden, in dieser Situationen so zu handeln, dass die eigene Meinung und Kritik beim Arzt ankommt, ohne ihn persönlich zu beleidigen und es immer noch eine Möglichkeit gibt, gemeinsam eine Lösung zu finden. Danach endete ein sehr guter Seminarteil, bei dem man sehr schnell bemerkte, wie oft man doch Fehler in Gesprächen begeht.

Vorstellung des Gesundheitstrainingsprogramms für chronisch Nierenkranke

Nachmittags ging es weiter mit einem Vortrag von Dr. Fritschka von der Sinntalklinik in Bad Brückenau. Er erklärte die verschiedenen Krankheitsverläufe, die zur Dialyse führen können und das Behandlungsprogramm an seiner Klinik für eines solcher Behandlungsbilder.
Beim Thema Transplantation und Abstoßung wurde das Thema Biopsie von den Teilnehmern angesprochen. Ein Teilnehmer äußerte die Meinung, dass fast immer eine Biopsie angeordnet werde und er dies in den häufigsten Fällen für unnötig halte. Prof. Dr. Fritschka verneinte diese Äußerung ganz klar und gab auch eine sehr gute Erklärung dafür. Durch eine Biopsie kann man zum Beispiel äußerst genau feststellen ob die Niere eine Schädigung von der Immunsuppressiva hat oder eine Entzündung vorliegt. Im ersten Fall wird man einfach nur die Immunsuppressiva ändern, bevor man mit Antikörpern oder Kortison behandelt. Durch die Erkenntnisse einer Biopsie ist es möglich, die Niere vor weiteren Schädigungen zu bewahren und die Überlebenszeit zu steigern. Das wurde auch durch eine Studie bewiesen. Prof. Fritschka erklärte weiter, dass die Risiken, bei einer Biopsie eine Arterie der Niere zu treffen, minimal sind und von den Vorteilen überwogen werden. Die Niere liegt im Bauch und man kann mit einer Ultraschalluntersuchung das Treffen von Nierengefäßen fast ausschließen. In seiner Tätigkeit hat Prof. Dr. Fritschka noch nie einen ernsthaften Zwischenfall erlebt.

Nach dem Vortrag von Prof. Dr. Fritschka, brachen 10 Leute zur Dialyse nach Freudenstadt auf, wo wir vom Personal freundlich und nett begrüßt wurden. Allerdings hatte man das Gefühl, dass die Dialysezeit trotz vieler Abwechslung durch Besuche von transplantierten Seminarteilnehmern langsamer verging als im heimischen Dialysezentrum. Vielleicht lag es auch nur daran, dass die zentrale Schwarzwälder Kuckucksuhr langsamer tickte, als die batteriegetriebene Uhr außerhalb der Kuckucksuhrzone. Wir wurden alle sehr gut vom Dialyseteam behandelt und wer in der Nähe von Freudenstatt Urlaub macht, kann sich mit ruhigem Gewissen bei dieser Dialyse anmelden. Nach einer kleinen Irrfahrt bei dichtem Nebel in Freudenstadt kehrten wir gegen 0.00 Uhr nach und nach wieder in Bad Rippolsau ein.

Zweiter Seminartag

Kommunikation mal anders. Für den zweiten Tag hatten wir uns mal wieder etwas Neues ausgedacht. Es wurde an Hand drei Sketschen, die im Anschluss in Gruppenarbeit analysiert wurden, die Probleme, die im medizinischen Bereich auftauchen können, aufgezeigt.

Der erste Sketsch handelte von Patientengesprächen im Wartezimmer. Im zweiten Sketsch ging es um Probleme im Arztgespräch. Hier hatte ein Patient sowie der Arzt mit der sehr dominanten Ehefrau des Patienten zu kämpfen. Der letzte Sketsch beschrieb die Problemen an der Dialyse, die zwischen Pflegepersonal und Arzt auftreten können. Bei den Sketschen wurden wir unterstützt von Ingo Hartmann und Marcel Dagenbach, die beide Schauspieler des Dreigroschentheaters in Stuttgart sind.

In der Gruppenarbeit im Anschluss wurde dann auch anhand des am Vortrag gelernten erarbeitet, was in den jeweiligen Gesprächen falsch oder richtig gelaufen war und wie sich einzelne Personen anders hätten verhalten können oder sollen.

Nach dem Mittagessen sollte Dr. Hergesell von der Dialyse Freudenstadt für einen Vortrag kommen, doch Dr. Hergesell wurde durch einen Stau leider verhindert. Er erklärte sich aber per Handy bereit, am Sonntagmorgen seinen Vortrag nachzuholen.

Patienten-Pflege-Verhältnis

Glücklicher Weise kam die Referentin Frau Helga Niegemann vom Dialysezentrum Püttlingen sehr früh und war auch bereit, sofort mit ihrem Vortrag Patient-Pflege-Verhältnis zu beginnen. In Ihrem Vortrag ging Frau Niegemann auf die Arbeit ein, die das Personal leistet bzw. ihrer Meinung nach leisten sollte. Bei diesen Schilderungen konnte man aber sehr schnell feststellen, dass diese Arbeit ohne eine gute Kommunikation zwischen Patient und Personal nicht zu leisten ist und die Versorgung darunter dann auch leidet. Der wichtigste Satz ihres Vortrages, den man als Patient doch gerne viel öfter hören und erleben möchte, war: „Der kranke Mensch steht im Mittelpunkt allen Handelns, er braucht liebenswürdige Zuwendung."! Leider ist das nicht immer Gang und gebe. Nach einer sehr interessanten Diskussion mit Frau Niegemann im Anschluss an ihren Vortrag begann die Kaffeepause.

Patientenverfügung

Den Abschluss an diesem Tag bildete der Vorsitzende des Kreisseniorenrates Calw, Herr Heinz Belz. Bei der Patientenverfügung geht es um die Kommunikation, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, sich zu äußern. Herr Belz schilderte die wichtigsten Inhalte einer Patientenverfügung. Dies sind zum einen die Benennung zweier Personen, und zwar eines Vertrauensarztes und eines Angehörigen, mit denen sich der behandelnde Arzt besprechen kann, wenn der Patient selbst nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Der zweite Punkt ist die Verfügung, welche Behandlungen in so einem Fall noch durchgeführt werden sollen bzw. nicht mehr durchgeführt werden sollen. Die Patientenverfügung braucht nicht notariell beurkundet werden. Die dort benannten Personen sollten allerdings eine Kopie erhalten. Wichtig ist die Erkenntnis, dass eine Patientenverfügung nicht in einem Notfall greift, sondern erst auf der Intensivstation, wo zwei Ärzte feststellen müssen, dass der Patient sich in einem entscheidungsunfähigen Zustand befindet, der aus aktueller medizinischer Sicht nicht wieder umkehrbar ist. Offen blieb dabei allerdings, was für ein Zustand dies genau sein muss (Koma? Hirntod?). In jedem Falle ist das Thema sehr zwiespältig und jeder, der eine Patientenverfügung ausfüllt, sollte sich vorher genauestens damit beschäftigen.

Der mündige Patient = Der schwierige Patient?

Nach einem erholsamen Samstagabend kamen wir dann alle frisch und munter am Sonntagmorgen nochmals zusammen, um den Vortrag von Dr. Hergesell zu hören. Dr. Hergesell erläuterte sehr eindrucksvoll die Verhaltensweisen eines mündigen Patienten und im Unterschied dazu die Verhaltensweisen eines schwierigen Patienten. Anschließend stellte er die drei verschiedenen möglichen Kommunikationsmodelle vor, die Ärzte im Umgang mit ihren Patienten pflegen (können). (siehe Powerpointpräsentation).

Wir bedanken uns bei allen Referenten sowie den Schauspielern des Dreigroschentheaters für ihre Unterstützung. Es war wieder ein sehr gutes Seminar mit guten Referenten und erstklassigen Informationen, die sicher sehr hilfreich im weiteren Leben sind. Die wichtigste Erkenntnis gerade aus dem Bereich Kommunikation und Gesprächsführung stammt von Ursula Pfetsch. Sie hatte durch die Gesprächsrunde die Auffassung bekommen, dass, bei einem Gespräch „der Ton die Musik macht"!

Martin Müller

Fotos von Th. Lehn

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