Ein Erfahrungsbericht von Martin Müller

Die Nebenschilddrüse ist eine hormonproduzierende Drüse. Das Nebenschilddrüsenhormon wird als Parathormon bezeichnet. Das Parathormon reguliert den Kalzium- und Phosphathaushalt des menschlichen Organismus. Die Hauptwirkung des Parathormons besteht in einer Erhöhung des Kalziumspiegels im Blut. Dabei stellen die Knochen den Mineralspeicher dar, wohingegen die Aufnahme, der Transport und die Ausscheidung dieser Mineralien über Darm und Niere erfolgen.

Unter einem Hyperparathyreoidismus versteht man eine Erkrankung, die durch eine Überfunktion der Nebenschilddrüse mit einer Überproduktion von Parathormon gekennzeichnet ist. Die Ursache des primären Hyperparathyreoidismus besteht in einer Erkrankung der Nebenschilddrüse selbst. Die Beschwerden der Patienten ergeben sich aus einer Steigerung des Kalziumspiegels im Blut infolge des Überangebotes an Parathormon. Die Diagnose wird anhand erhöhter Parathormonwerte sowie durch den Nachweis von vergrößertem Nebenschilddrüsengewebe gestellt.

Das Parathormon stimuliert die Osteoblasten (knochenbildende Zellen), also Knochenbildungszellen und fördert damit den Knochenaufbau. Bei niedrigen Kalziumwerten wird durch das Parathormon Kalzium aus den Knochen freigesetzt und gelangt in die Blutlaufbahn. Da der Körper bei hohem Parathormon nicht in der Lage ist, Kalzium aus der Nahrung aufzunehmen, bezieht er es aus den Knochen. Geschieht dies über längere Zeit, werden die Knochen dauerhaft geschädigt.

Die Nebenschilddrüse, auch als Epithelkörperchen bzw. Glandula parathyroidea bezeichnet, umfasst insgesamt 4 einzelne kleine Drüsen (manchmal auch 5 oder 6 Drüsen). Jede dieser vier Drüsen ist ca. 5-8 mm groß und wiegt 20-50 mg. Sie liegen unmittelbar hinter der Schilddrüse im vorderen Halsbereich unterhalb des Kehlkopfes. Die Nebenschilddrüse liegt innerhalb der aus Bindegewebe bestehenden Schilddrüsenkapsel.

Die Ursachen für einen Hyperparathyreoidismus können sowohl in einer Erkrankung der Nebenschilddrüse selbst bestehen, man spricht dann von einem primären (ursprünglichem/ anfänglichem) Hyperparathyreoidismus, als auch in einer Reaktion der Nebenschilddrüse auf Erkrankungen (z. B Nierenerkrankung), die zu einer Hypokalzämie, also einer Senkung des Kalziumspiegels führen. In diesem Falle liegt ein sekundärer(nachträglicher/ hinzukommender) Hyperparathyreoidismus vor.

Für Transplantierte besteht die Gefahr, durch einen Hyperparathyreoidismus eine Schädigung an der Niere zu erlangen. Dies kann bis hin zum Verlust des Transplantates führen. Es können sowohl vermehrt einzelne Nierensteine auftreten, als auch eine diffuse Nephrokalzinose, also eine über die gesamte Niere verstreute körnige Verkalkung.

Die erfolgreichste Therapie bei einem primären Hyperparathyreoidismus besteht mit einer Operation. Dabei ist es unbedingt erforderlich, alle 4 Nebenschilddrüsen freizulegen.

Wie läuft eine solche Operation ab:
Ich wurde in der Uni Heidelberg zur Entfernung der Nebenschilddrüsen von meinem Arzt angemeldet. Nach längerer Wartezeit (ca. 3 Monaten), bekam ich endlich einen OP-Termin. Zuvor musste ich aber zwecks der Narkose und der Operation einige Untersuchungen zu Hause durchführen lassen. Dazu gehörte ein EKG, ein Belastungs-EKG, eine Blutuntersuchung, ein Ultraschall des Bauchraums, ein Ultraschall der Nebenschilddrüsen, ein Lungenfunktionstest, eine Stimmbandprüfung beim HNO und eine Knochenuntersuchung beim Orthopäden. Die Untersuchung beim Orthopäden ist nicht zwingend notwendig. Doch die Messung der Knochendichte und das Röntgenbild geben darüber Aufschluss, inwieweit die Knochen schon einen Kalziummangel vorweisen. Sieht man auf den Bildern einen deutlichen Kalziummangel, ist damit zu rechnen, dass es nach einer OP länger andauert bis man einen Kalziumspiegel von ca. 2,0 / 2,5 mmol/l wieder aufgebaut hat.

Ich wurde 2 Tage vor der OP in die Klinik bestellt. Da vor der OP noch einige Untersuchungen und Gespräche in der Klinik erforderlich waren. Bei der Aufnahme in der Klinik musste ich zuerst einmal eine Menge Formulare unterschreiben. Mit einigen dieser Formulare ging es dann weiter zur Station. Dort angelangt, wurde mir das Zimmer zugewiesen und sofort Blut abgenommen. Vom Personal bekam ich eine Liste mit den noch notwendigen Untersuchungen und Gesprächen. Eigentlichen fanden die selben Untersuchungen wieder statt, die ich schon zu Hause gemacht hatte. Da wären EKG, Lungenfunktionstest, Röntgenbild und Ultraschall der Nebenschilddrüsen. Nach den Untersuchungen folgten Gespräche mit den Ärzten, die für den Ablauf der OP verantwortlich sind. Ich hatte zuerst ein sehr langes Gespräch mit dem Narkosearzt. Er fragte nach allem Möglichen z.B., welche Medikamente ich nehme, ob ich Raucher bin, nach Erkrankungen des Herzen und vieles mehr. Wenn alle Fragen beantwortet sind, folgt die Aufklärung über die Nebenwirkungen der Narkose. Dies sind z.B.: Bei der Beatmung können durch den Tubus die Stimmbänder geschädigt werden, durch Blutverlust könnte es zu einer Blutübertragung kommen und bei Dialysepatienten, wäre es sehr wahrscheinlich, dass man eine Arterie legt und dabei könnte das Gefäß verletzt werden. Eine Arterie ist dazu da, um dem Blutdruck während der Operation kontinuierlich überwachen zu können. Somit sei die OP sicherer zu leiten. (Info: Das Prinzip der Messung an der Arterie: Druck kann in ein elektrisches Signal umgewandelt werden, indem eine direkte physikalische Verbindung zwischen einem geeigneten Aufnehmer (Transducer) und einem Gefäßkatheter hergestellt wird. Die vom Herzen erzeugten arteriellen Blutdruckwellen werden über die arterielle Verweilkanüle und einem flüssigkeitsgefüllten Schlauchsvstem auf die Membran des Transducers übertragen. Die entstandenen Schwingungen werden in elektrische Signale umgewandelt, verstärkt, über ein Kabel auf den Monitor oder Schreiber übertragen und erscheinen dort als Kurve und/oder digitale Messwerte.)

Nach Beendigung dieses Gespräches ging es weiter zum Arzt, der mich über den Operationsablauf aufklärte. Er erklärte mir, es werde ein Schnitt von ca. 5 cm im unteren Halsbereich gemacht. Danach würden alle 4 Nebenschilddrüsen entfernt und ein Stück davon in den Unterschenkel verpflanzt. (Info: Nicht in allen Kliniken wird ein Stück Nebenschilddrüse ins Bein verpflanzt, bei einigen wird ein Stück auch in den Arm verpflanzt oder auch im Hals belassen oder im Hals hochverlagert.) Außerdem wurde mir noch mitgeteilt, dass die OP ca. 2-3 Stunden andauern könnte und ich 4-5 Stunden danach etwas essen und trinken könne. Auch das Aufstehen wäre am Mittag kein Problem.

Der Tag der OP:

Mein OP-Termin wurde für 7.30 Uhr am 12.06.03 festgelegt. Eine halbe Stunde vorher musste ich meine OP-Kleidung (Mütze Kittel und Thrombosestrümpfe) anziehen, danach wurde mir eine kleine Beruhigungspille verabreicht. Daraufhin wurde ich im Bett in den OP gebracht. Dort angekommen wurde ich auf eine angewärmte Liege umgebettet und in ein Vorbereitungszimmer, das gegenüber des Operationssaal lag, gebracht. In diesem Zimmer wartete schon eine nette Schwester auf mich. Sie erklärte mir, wie alles abläuft. Der Narkosearzt war auch sofort da, begrüßte mich und leitete dann die Narkose ein. Ich bin wirklich ganz sanft eingeschlafen wie abends am TV. (Die letzte Zeit, an die ich mich erinnern konnte, war 7.40 Uhr die nächste Zeit, die ich wieder wahrgenommen habe, war 10.50 Uhr.) Nach der OP folgte noch ein Aufenthalt von ca. 1 Stunde im Aufwachraum, bevor ich wieder auf mein Zimmer gebracht wurde. Ich hatte keine Müdigkeit nach der OP und hatte auch keine Schmerzen (Info: einige Patienten sind nach der OP sehr Müde da das Kalzium zu tief ist und sie haben Kopfschmerzen, da der Kopf über längere Zeit bei der OP überdehnt wurde). Ab 14.00 Uhr war es mir freigestellt wieder zu essen, trinken und aufzustehen. Ab diesem Zeitpunkt musste ich bis zu 20 Ampullen Kalzium am Tag zu mir nehmen.

Ein Tag nach der OP wurde mir die Blutdrainage gezogen, was nicht schmerzhaft war. Ab diesem Zeitpunkt hieß es warten, bis der Kalziumspiegel eine Höhe von 2,0 / 2,5 mmol/l erreicht hatte. Am Sonntag den 15.06. war es dann so weit. Das Kalzium war hoch genug. Es wurden schon die Fäden gezogen und ich konnte nach Hause entlassen werden. Die Nachbehandlung wurde von meiner Dialysepraxis übernommen.

Als Nachwirkungen der Entnahme spürte ich in den ersten 2 Wochen eine leichte Müdigkeit Konzentrationsschwierigkeiten und ab und an hatte ich einen schnellen Puls, der sich aber mit Medikamenten sehr schnell beruhigte. Doch der Erfolg der OP, den ich selber verspüre, ist sozusagen ein neues Lebensgefühl. Ich bin befreit von lästigen Muskelschwächen, Unruhre, Müdigkeitsanfälle und vielem mehr. Nach dieser OP kann ich einfach nicht verstehen warum ich die Angst davor 4 Jahre vor mir hergeschoben habe! Die Prognose dieser Operation ist gut und es muss nur in seltenen Fällen wieder nach operiert werden.

(mm) Entstanden durch Informationen aus dem Internet und eigenen Erfahrungen.